Absicherung der Stadtteilarbeit in Berlin für die Haushaltsjahre 2024-2025
Keine weitere Aufstockung der Förderung bedeutet Abbau der Förderung!
Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung
Der Haushaltsentwurf für 23 / 24 sieht für Stadtteilzentren und Selbsthilfekontaktstellen derzeit keine Mittel für Tarifanpassung und keine Mittel für die Anpassung der Sachkosten vor. Ebenso ist der notwendige Ausbau in weiteren Prognoseräumen sowie der Ausbau der mobilen Stadteilarbeit nirgendwo verankert.
Insbesondere in der Stadtteilarbeit sind in Zusammenarbeit zwischen der LIGA Berlin, weiteren Akteuren der Zivilgesellschaft sowie Politik und Verwaltung entscheidende Verbesserungen bei der Ausstattung der Berliner Prognoseräume erreicht worden.
Die aktuellen Entwicklungen gefährden die Stadtteilarbeit und die Arbeit der Selbsthilfekontaktstellen in Berlin. Denn Teilhabe aller Menschen im Sozialraum zu ermöglichen, funktioniert nur mit der entsprechenden Infrastruktur.
Die Wirkung von Stadtteilarbeit und Selbsthilfe für Berlinerinnen und Berliner
Stadtteilzentren und Selbsthilfekontaktstellen haben sich in Berlin als soziale Infrastruktur für alle Berlinerinnen und Berliner bewährt. Als nicht-kommerzielle Orte der sozialen Begegnung entwickeln sie gemeinsam mit den Menschen vor Ort nachbarschaftliches Zusammenleben, Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe. Die durch das Infrastrukturförderprogramm Stadtteilzentren (IFP STZ) geförderten gemeinnützigen Organisationen übernehmen Aufgaben im Sinne des Subsidiaritätsprinzips. Sie stärken zivilgesellschaftliches Handeln, freiwilliges Engagement und damit eine vielfältige, solidarische und demokratische Gemeinschaft.
Handlungsempfehlungen, um den Status Quo zu erhalten:
- Die Sicherung und der Ausbau bestehender landesgeförderter Strukturen durch eine prospektive Anpassung der Förderhöhen an notwendige Personal- und Sachkostensteigerungen inklusive Mittel für Tarifsteigerungen.
- Eine längerfristige Sicherung einer ausreichenden Personalausstattung von mindestens 2,5 Personalstellen.
- Eine Förderung von Maßnahmen zur Unterstützung der Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit.
- Die Bereitstellung von infrastruktureller Förderung für die interkulturelle Öffnung der Angebote sowie die Sicherung und Akquise adäquater Räumlichkeiten vor Ort für die Nachbarschafts- und Selbsthilfearbeit.
Mehr Begegnung und Austausch, mehr Engagement und Teilhabe durch mobile Stadtteilarbeit in 37 Berliner Kiezen.
Gerade die Erfahrungen in der Corona-Krise zeigten deutlich, dass es mehr braucht als feste Orte Sozialer Arbeit und dass neue Wege gefunden werden müssen, um mit den diversen und teils schwer erreichbaren Menschen in den Berliner Kiezen in Kontakt und Austausch zu kommen. Das ESF geförderte EU-React Projekt „Mobile Stadtteilarbeit“ (09 / 2021 – 09 / 2023) war diesbezüglich ein wirkungsvoller Meilenstein in der Weiterentwicklung der Stadtteilarbeit.
Mit den niedrigschwelligen, kreativen Ansätzen von rund 100 MitarbeiterInnen in 37 mobilen Teams wurden mehr Bürgerinnen und Bürger sowie eine größere Diversität an Menschen erreicht: So fanden allein im Jahr 2022 berlinweit 47.576 neue Kontakte in die Nachbarschaft und rund 5.600 Kurzberatungen statt. Sie beleben nachbarschaftliche Beziehungen, fördern Gemeinschaft und bieten Unterstützung bei Konflikten an. Dadurch ergänzt die mobile Stadtteilarbeit bestehende Angebote vor Ort und erreicht neue Zielgruppen.
Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung der Stadtteilarbeit:
- Die Schaffung stabiler und nachhaltiger Finanzierungsstrukturen, um die Kontinuität der mobilen Stadtteilarbeit sicherzustellen.
- Eine fachliche Weiterentwicklung und der Aufbau der Mobilen Stadtteilarbeit auch in Gebieten ohne IFP STZ geförderte Stadtteilzentren.
Ein weiterer Ausbau der Strukturen vor Ort sowie die zugehörige Verstetigung der Mobilen Stadtteilarbeit entfalten nachhaltig Wirkung im Sozialraum und ermöglichen berlinweit verlässliche, nicht-kommerzielle Orte für alle Menschen.
Die Grundlage für die nachhaltige Wirkung von Stadtteilarbeit in allen Berliner Kiezen ist der stetige Blick auf die sich wandelnden Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger. Stadtteilzentren und Nachbarschaftseinrichtungen als feste Orte im Kiez benötigen entsprechende Ressourcen, um sowohl Angebote vor Ort zu etablieren als auch offenen Begegnungsräume außerhalb derer zu ermöglichen. Im Zuge der erreichten Verbesserungen im IFP STZ bis einschließlich 2023 konnten neue Standorte etabliert und ausgebaut, dringend benötigte Fachkräfte gewonnen und umfänglich qualifiziert und damit verlässliche Ansprechpersonen für die Problemlage der Bürgerinnen und Bürger etabliert werden.
Die genannten positiven Wirkungen der Stadtteilarbeit und Selbsthilfe dürfen gerade in unsicheren Zeiten nicht gebremst werden. Soziale Nachhaltigkeit kann nur auf Grundlage kontinuierlicher Rahmenbedingungen gewährleistet bleiben.
Nachhaltigkeit wird gewährleistet durch:
- Die Unterstützung fachverbandlicher Leistungen.
- Regelmäßige, nachhaltige und ressortübergreifende Zusammenarbeit der für die Themenbereiche relevanten Verwaltungen mit festen Ansprechpartnern in Landes- und Bezirksverwaltungen, idealerweise flankiert von bezirklichen Nachbarschaftsprogrammen
- Die Erarbeitung gesamtstädtischer und sozialraumorientierter Konzepte in allen Berliner Prognoseräumen.
- Vernetzung existierender und neuer Förderprogramme, um Parallelstrukturen zu vermeiden.
Für den Beibehalt einer nachhaltigen Stadtteil- und Selbsthilfearbeit sowie die Weiterentwicklung der Struktur der Stadtteilzentren und Selbsthilfekontaktstellen stehen wir gemeinsam mit den Unterzeichnenden dieser Handlungsempfehlungen als Partnerinnen zur Verfügung.
Ansprechpartnerinnen
Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
Geschäftsstelle Bezirke Anne Jeglinski, Leiterin der Geschäftsstelle Bezirke | Anika Göbel, Stadtteilarbeit
www.paritaet-berlin.de | Telefon: 030 86001 600 | jeglinski@paritaet-berlin.de
Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V. – Landesverband Berlin
Gökçen Demirağlı, Geschäftsführerin
www.vska.de | Telefon: 030 861 01 91 | g.demiragli@vska.de
Selko e. V. – Verein zur Förderung von Selbsthilfe-Kontaktstellen e. V.
Ella Wassink, Projektleitung SEKIS / Geschäftsführung Selko e. V.
www.sekis.de | Telefon: 030 890 285 37| wassink@sekis-berlin.de